Spitzbergen/Longyearbyen – Halt Ausschau und hau drauf!

Samstag, 22.07.2017

Um 8.00 Uhr waren wir in Longyearbyen an der Pier fest. Die Norweger nennen die Insel „Svalbard“ (kühle Küste). Wir sahen rings rum die unteren Teile der Berge, deren Gipfel komplett von Wolken verhüllt waren. Dabei hatten wir so sehr auf gutes Wetter gehofft. Der Kapitän teilte mit, dass es bei der Bewölkung bleiben würde, ein paar Sonnenstrahlen wären aber ebenso möglich, wie ein paar Regentropfen. Vom Frühstücksplatz aus sahen wir bereits Huskies, die eifrig warteten, ihre Wägen endlich wegziehen zu dürfen. Wir hatten für diesen Tag eine Abenteuer-Wanderung mit Husky-Begleitung gebucht. Sechs Grad Celsius waren es nur draußen, deswegen packte ich mich in mehrere Schichten meiner Funktionskleidung und um 9.30 Uhr verließen wir das Schiff.

 

Ein Bus fuhr uns in den kleinen Ort hinein und dann ein Stückchen das ansteigende Tal hinauf in Richtung Gletscher. Vor einem größeren weißen Gebäude wurden wir von unseren Guides empfangen. Es waren vier junge Mädels, die sich der Reihe nach vorstellten. Die „Anführerin“ war „Cat“, eine junge Deutsche, die hier auf Spitzbergen seit 13 Monaten Forschungen für ihre Diplomarbeit betreibt. Sie hat ihr Herz an diese Insel verloren und will nach dem Ende ihres Studiums versuchen, hier einen Platz zum Arbeiten zu finden. Auch die drei anderen Mädels waren Studentinnen, jedoch aus Norwegen, Dänemark und ich glaube Schweden. Zwei Huskies begleiteten uns und zwei der Mädels trugen ein Gewehr in ihrem Rucksack. Wir verließen nämlich die Eisbären-Sicherheitszone der Stadt und „draußen“ war das Mitführen einer Waffe Pflicht. Rund 4000 Eisbären gibt es auf Spitzbergen, Cat hatte in ihren 13 Monaten 15 Mal einen Eisbären gesehen. Einmal hatte sich einer sogar bis in die Stadt „verirrt“. Am Anfang ihres Aufenthaltes musste sie sich verschiedenen Trainings unterziehen. Unter anderem standen da ein Schießtraining, ein „Lawinentraining“ und ein Überlebenstraining auf dem Programm. Vier Monate im Jahr ist es komplett dunkel, vier Monate komplett hell und die restliche Zeit hätten sie ganz normale Tages- und Nachtzeiten. Im Winter ist natürlich alles schneebedeckt und auch Cat hatte sich ein Schneemobil für umgerechnet ca. 100 Euro gekauft. Jetzt sah man die Schneemobile etwas hilflos auf Holzpaletten oder Plastikfolien stehen.

 

Unsere Gruppe von ca. 40 Leuten setzte sich in Bewegung und wir zogen los weiter bergauf Richtung der Moräne unterhalb des Gletschers. Und siehe da, die Sonne zeigte sich von ihrer besten Seite, und die Wolken verzogen sich. Der Gletscher lag unter einem blauen Himmel und wir fingen sogar an zu schwitzen beim Laufen.

 

 

 

Rechts und links an den Bergen sieht man noch die alten Zugänge zu den mittlerweile stillgelegten Minen. Auf der Insel wurde in großem Stil Steinkohle abgebaut. Von den Eingängen weg Richtung Meer stehen noch die alten Masten der Seilbahn, die die Steinkohle zu den Schiffen beförderte. Auch heute wird in Mine 7 noch Steinkohle abgebaut, hauptsächlich für den eigenen Gebrauch in der Stadt. Die gesamten Hänge der Berge sind voll mit kleinen, losen Steinplatten. Es sieht so aus, als hätte die jemand absichtlich dort abgeladen. Aber Cat erklärte, dass diese Platten durch die Erosion von den Bergen abgetragen werden und nach unten fallen. Das wäre alles natürlich entstanden. Die kleine Steinstraße, auf der wir nach oben liefen, endete auf einem kleinen Plateau, von dort kletterten wir in ein Flussbett hinab, überquerten den Fluss mit schlammig-braunem Wasser, um dann die Moräne wieder weiter nach oben zu laufen. Erstaunlicherweise war es gar nicht so schwer, auf diesen ganzen losen Steinen voranzukommen. Cat erklärte etwas über die Flora und Fauna der Insel. Zu den Landtieren gehören Rentiere, Polarfüchse, Gänse und verschiedene Vogelarten. Die Eisbären zählen nicht dazu, die gehören zu den Seetieren. Bedingt durch das Klima und auch die viermonatige Dunkelheit wachsen keine großen Pflanzen auf der Insel. Sie haben keine Chance, da sie nach den ca. 70 Tagen um die fünf Grad Celsius wieder vom vielen Schnee platt gemacht werden. Jetzt im Moment wachsen kleine Blümchen (in weiß und lila) und eine Art Moosgeflecht zwischen den Steinen. Die weiße Blume ist die „Svalbardvalmue, die offiziell die „Staatspflanze“ von Spitzbergen ist. Pflücken der Pflanzen ist absolut verboten, sie dienen der Nahrung der Tiere, die sich für den Winter ihren Speck anfressen müssen. Plötzlich rief eine der Guides: „Look, a Reindeer!“ Und tatsächlich, auf der anderen Seite des Flusses stand ein Rentier mit einem riesigen Geweih und graste. Es ließ sich durch uns auch nicht weiter stören.

 

 

Unterhalb der ersten Schneefelder des Gletschers stoppten wir und hatten ca. 30 Minuten Zeit um nach Fossilien zu suchen. Die Guides begutachteten unsere Funde und erklärten etwas dazu. Viele zogen mit kleinen Spitzhacken los, aber ich machte mir irgendwie keine Hoffnungen, da tatsächlich etwas zu finden. So machten Mischi und ich erst noch Fotos von der Gegend und auch mit dem Husky „Ask“, der mit seinen neun Jahren bereits ein pensionierter Schlittenhund ist. Ich hielt dann erst so nach Fossilien Ausschau, da Cat meinte, dass man nicht unbedingt einen Stein aufschlagen müsse, um etwas zu finden. Und tatsächlich fiel mir ein Stein ins Auge, mit kleinen schwarzen Strichen darauf. Cat meinte, das wären versteinerte Holzstückchen, die Vorstufe zur Kohle. Jippie! Ein Mann aus unserer Gruppe kam mit einem größeren Stein zu Cat, den er in zwei Hälften geschlagen hatte. Darin zeichnete sich ganz deutlich ein etwa handtellergroßes Blatt ab. Man sah deutlich die Adern und Umrisse. Toll! Jetzt hatte uns das Fieber auch gepackt, und wir zogen ebenfalls mit Spitzhacken los. Quasi kein Stein war mehr vor uns sicher. Das hat richtig Spaß gemacht und mit hochroten Backen hackten wir uns durch die Gegend. Mischi fand in ihrem aufgehackten Stein ein kleines „Muschel-Fossil“ und war happy. Auf diesem Weg hatte ich nichts gefunden, aber auf dem Rückweg fand ich einen Stein, der ein Fossil von einem kleinen Tannenzweig beherbergte. Wow, hatte ich echt nicht erwartet. Die Fossilien dürfen in unbegrenzten Mengen mitgenommen werden. Wir waren froh, dass wir nur kleine Steine gefunden hatten, der Mann mit seinem großen Blatt hatte allerhand zu schleppen.

 

 Auch Carlos präsentierte stolz seine Fossilien!

 

Als wir wieder ins Tal stiegen, zog es zu und die Sonne war verschwunden. Die Gruppe, die nach uns die gleiche Tour machte, hatte keine freie Sicht mehr auf die Gletscherspitze. Danke norwegischer Wettergott!

 

Der Ort Longyearbyen sieht aus wie ein reiner Forschungsort, die Bauweise der Häuser ist sehr ähnlich. Ca. 2500 Leute leben mittlerweile hier. Wir sind an einer Schule und einem Kindergarten vorbeigefahren, es gibt Hotels, Restaurants und Läden. Auf einem Hügel steht die nördlichste Kirche der Welt, da sind wir aber nicht raufgelaufen. Unser erstes Ziel im Ort war das Einkaufszentrum – Souvenirs und Toilette standen hier auf dem Programm.

 

 

Dann machten wir uns auf ans Ende der Stadt, um das berühmte Verkehrszeichen der Insel zu suchen, das „Achtung-Eisbären-Schild“. Gut dass vor uns noch eine andere Familie gelaufen ist, die, wie sich später zeigte, auch nach dem Schild suchte. Sonst hätten wir uns wahrscheinlich nicht so weit die Straße hinuntergetraut. Denn hinter den Häusern fing sofort die „Wildnis“ an, und es wäre ein Leichtes für einen Eisbären, in die Stadt zu laufen. Cat meinte, dass man in einer Gruppe sicher sei, das wäre eine Nummer zu groß für ihn. Aber als wir dann zu zweit losliefen, war uns doch etwas mulmig. Wir machten das Schild dann aber von Weitem schon aus, da jeder Ausflugsbus dort hielt und die Leute ausstiegen um Fotos zu machen. Ich war sehr mutig, und wagte mich in die Gefahrenzone.

 

 

Auf dem Rückweg zum Schiff machten wir noch Halt beim „Santa Claus“-Briefkasten. Der hat auf Spitzbergen nämlich sein Postamt, wie wir erfuhren.

 

Diesen Tag zähle ich bis jetzt zum Highlight der Reise. Mal sehen, ob es noch getoppt werden kann!