Ein kühler Flug und neue Eindrücke

Sonntag, 12.02.2017

Die Condor startete pünktlich um 9.35 Uhr. Ich hatte mir einen Platz am Notausgang reserviert, da ich schon die übelsten schmerzlichen Erfahrungen gemacht habe, wenn zwischen meine Knie und den Sitz des Vordermannes nicht mal mehr ein Blatt Papier gepasst hat. Neben mir saß ein älterer Herr, hinter uns seine Frau plus Enkelchen. Die Beinfreiheit hatte nur einen Nachteil: In diesem Bereich des Flugzeugs war es eiskalt. Ich habe die ganzen elf Stunden nur gefroren, mal mehr mal weniger. Da halfen auch meine Jacke und die Decke nichts. Immer wieder kamen Leute im T-Shirt vorbei und kurzzeitig stellte ich mir die Frage, ob ich krank werde. Als ich aber mal in den hinteren Teil des Flugzeugs bin, um mir was zum Trinken zu holen, erklärten sich die T-Shirts. Da war es wunderbar warm.  Auf dem Rückweg stellte ich fest, dass es ca. 3 Reihen vor meinem Sitzplatz eisig wurde. Für den Rückflug werde ich gerüstet sein.

Was ich auch noch nie auf einem Langstreckenflug hatte: Das Entertainment-Programm, sprich die Spielfilme und Serien, die einem die Zeit verkürzen, hätte man für 8 Euro kaufen müssen. Kostenlos standen nur zwei Spielfilme und eine Folge „Dr. House“ zur Verfügung. Ich versuchte den kostenlosen Zeichentrickfilm und der war auch ganz nett. Danach war mir eh nicht mehr nach TV, so dass ich mir die 8 Euro sparte.

Um 15 Uhr in La Romana angekommen, wurden wir fast schon wie VIPs empfangen. Freundliche Dominikaner leiteten uns mit AIDA-Schildern direkt am Terminal vorbei zu den Bussen, die uns sofort zum Hafen brachten. Nicht mal um das Gepäck mussten wir uns kümmern. Das käme automatisch im Laufe des Nachmittags auf die Kabine. Das nenn ich Service und kannte ich bis jetzt nicht. Sonst hatten wir die Kreuzfahrt nicht pauschal gebucht.

Im Hafen von La Romana, blieb mir erstmal der Mund offenstehen. Ich war das letzte Mal vor genau zehn Jahren hier gewesen. Damals wurden wir in einem aufgestellten Zelt eingecheckt. Jetzt stand da ein richtiger Terminal vor mir, daneben kleine Restaurants und Souvenirläden und eine echt große Halle, über deren Eingang ein „Duty Free“-Schild hing. Da haben die Dominikaner die Profitmöglichkeit erkannt. Seit ca. drei Jahren soll es den Terminal erst geben, wie ich später erfahren habe.

Meine Kabine war schon bezugsfertig, also erstmal frisch gemacht und dann gleich nochmal los in den nahegelegenen Supermarkt, um Wasser zu kaufen. AIDA verlangt für einen Liter Wasser in der Flasche 2,50 Euro…

Gleich außerhalb des Hafens wurde ich nicht nur einmal gefragt, ob ich mit dem Taxi fahren will – irgendwann leg ich mir doch mal so ein „I need no Taxi“-Shirt zu. Ich bevorzugte aber zu laufen und bekam von einem Taxi-Fahrer den Weg gezeigt. Und es fasziniert mich doch immer wieder: 11 Stunden Flug und man ist in einer komplett anderen Welt. Die Dominikaner sitzen immer noch – wie vor zehn Jahren – auf ihren Plastikstühlen vor ihren Häuschen und plauschen. Niemanden stört der Müll, der um sie herumliegt, dafür wird freundlich gegrüßt und gewunken, wenn man des Weges kommt. Vor einem kleinen Restaurant hat sich unter ein paar Bäumen ein Friseur niedergelassen und schnitt gerade einem Kunden die Haare. Die Steckdosen, bzw. die Verlängerungskabel, hingen daneben am Baum. Verrückte Welt!

Mir fiel auf, dass sehr viele Polizisten am Straßenrand standen. Da stellt sich schon die Frage, ob das vorsorglich ist oder ob wirklich so viel passiert ist oder passieren würde…

Vor dem Wasserregal erkennen sich wohl die „gemeinen Kreuzfahrer“, denn ich bin von einem Ehepaar auf Deutsch und mit „Du“ angeredet worden, ob ich den Umrechenkurs vom Dominikanischen Peso zum US-Dollar wüsste. Leider nein. Aber ich zahlte für meine drei 1,5-Liter-Flaschen nicht mal 2 US-Dollar. Der Spaziergang hatte sich also rentiert. Der Chico, der mir an der Kasse die Flaschen in eine Tüte packte, wollte mir diese dann persönlich aufs Schiff bringen. In Sachen „Machismos“ hat sich also nach zehn Jahren auch nichts verändert.

Mit dem Ehepaar vom Wasserregal schlenderte ich plauschend zurück zum Schiff. Die Polizisten, die im Auto an uns vorbeifuhren, grüßten und winkten.

Nach einer erfrischenden Dusche und dem ersten Abendessen an Bord, machten sich um 21 Uhr alle Passagiere auf zur Seenotübung. Man geht mit seiner Schwimmweste zu dem Sammelplatz auf Deck 5, wo man im Notfall in das Rettungsboot steigen muss. Niemand ist von dieser Übung ausgenommen, und man steht da so lange, bis wirklich jeder auf den Listen abgehakt ist. Irgendwer fehlt aber immer – diesmal war es Kabine 4224. Peinlich.

Danach teilte uns der Kapitän mit, dass wir nicht wie geplant um 22 Uhr auslaufen könnten. Das Flugzeug aus Frankfurt musste in Manchester wegen eines technischen Defekts zwischenlanden und wurde dort repariert. Gerade sei der Flieger noch mitten über dem Atlantik. Da ca. 60 Gäste an Bord waren, dazu Crew-Mitglieder und Gast-Künstler wurde beschlossen, auf diese zu warten. Ausgelaufen sind wir letztendlich um 5.30 Uhr morgens und jetzt pflügen wir mit Höchstgeschwindigkeit ca. 19 Knoten (ca. 35 km/h) durch das Wasser, um morgen früh pünktlich in Jamaica zu sein. So erleben wir das erste „richtige“ Auslaufen mit Schiffshorn und Musik erst morgen Abend. Bisschen schade war es schon, dass das gestern nicht geklappt hat, denn es zaubert doch immer Gänsehaut und Urlaubsgefühl.

Meine Nacht war sehr unruhig. Um 3.00 Uhr sollten die Uhren auf 2.00 Uhr zurückgestellt werden, da wir am nächsten Tag in eine neue Zeitzone einfahren würden. Ich machte dies gleich, als ich ins Bett ging, so gegen 23.30 Uhr. Irgendwann schreckte ich auf, weil ich im Gang Leute hörte und sah auf die Uhr: 14.25 Uhr. WAS?! Da ich ja eine Innenkabine habe, machte ich schnell den TV an, um den Kanal mit der Schiffs-Webcam anzuwählen. Puh, es war dunkel draußen. Die blinkenden Lichter verrieten auch, dass wir noch im Hafen waren. Und der von der AIDA eingeblendete Infobalken zeigte 2.25 Uhr. In meiner Müdigkeit hatte ich meinen Wecker wohl nicht auf 22.30 Uhr, sondern auf 10.30 Uhr gestellt. In der Früh musste ich dann aber allerdings feststellen, dass die Uhrzeit trotzdem nicht stimmte und ich nochmal eine Stunde zurückstellen musste. Gut, dass heute ein Seetag ist und ich nicht ein oder zwei Stunden zu früh am Treffpunkt für meinen Ausflug gestanden bin.

Als ich heute Mittag in der Bibliothek saß und in Fahrtrichtung aus dem Fenster schaute, fand neben mir das „Ärztetreffen“ statt. Dazu lädt der Schiffsarzt alle Ärzte an Bord ein, für einen kurzen Austausch. Ich hörte ein wenig zu und der Arzt erzählte, dass auch immer drei Krankenschwestern mit an Bord wären. Und dass es komisch ist, aber dass meistens eine dieser Krankenschwestern mit dem Kapitän verbandelt ist. Worauf einer der Gast-Ärzte meinte: „Da bekommt der Name „Paar-Ship“ ja eine ganz andere Bedeutung!“

In diesem Sinne sende ich euch ein fröhliches AHOI von der Karibischen See!